Stellungsnahme zur UG-Novelle

Bild: Abisag Tüllmann

Vorweg: Wir begrüßen den Ausbau von Gleichstellung der Geschlechter und Frauenförderung, die mit der Novelle des Universitätsgesetzes einhergeht. Allerdings müssen wir feststellen, das vieles der geplanten Umsetzung im Widerspruch zu unserer Vorstellung von Bildung in einer Gesellschaft liegt, der die freie und selbstbestimmte Entfaltung aller Menschen, ein Anliegen sein müsste.

Die Einführung der Mindeststudienleistung von 24 ECTS in den ersten beiden Jahren, die Streichung der Nachfrist sowie die Reduktion der Prüfungstermine für Lehrveranstaltungen auf zwei Termine je Vorlesung haben alle schwerwiegende Konsequenzen auf ein selbstbestimmtes Studieren. Sei es, dass Studierende eine Sorgefunktion für Familienangehörige tragen, lohnarbeiten müssen, um neben dem Studium einen Lebensunterhalt zu bestreiten, zwei Studien parallel aufgreifen oder mit Deutsch als Fremdsprache ins Studium einsteigen – diese drei wesentlichen Maßnahmen erschweren bzw. verunmöglichen die selbstbestimmte Gestaltung des Studiums und prekarisieren in der Folge Lebensrealitäten.

Unsere Mindestforderung ist die Ausweitung der Ausnahmen von Menschen mit jeglichen Behinderungen von der Mindeststudienleistung, auf andere Gruppen wie Studierende, die aufgrund beispielhaft genannter Gründe aufzeigen können, dass sie nicht die Zeitressourcen erbringen können, von denen die Berechnung der ECTS ausgehen. Darüber hinaus fordern wir eine klare Listung der Situationen, in denen man sich von einem Semester befreien lassen kann aufgrund von unerwarteten Ereignissen. Unklar ist z.B. wie mit dem Auftreten von Depressionen verfahren wird, ein Krankheitsbild, das oftmals erst deutlich später nach den ersten Symptomen diagnostiziert wird und gerade durch die Neubestimmungen der Novelle schwerwiegende Konsequenzen für Studierende haben wird.

Wir können nicht gutheißen, dass die sogenannte “Cooling Off Phase”, also die Möglichkeit sich nach Nichtbestehen der vier STEOP-Prüfungsantritte, mit einem Jahr Pause nochmal zum Studium zu inskribieren und es nochmal zu versuchen, entfällt. Damit verlagert sich die Gewichtung noch intensiver auf einen Mechanismus, welcher bereits in dieser Form eine immense Hürde darstellt und Studieninteressierte aktiv von der Möglichkeit zur höheren Bildung ausschließt. Eine “Studieneingangs- und Orientierungsphase” zum Instrument eines permanenten Ausschlusses zu machen, ist eine Verdrehung der ursprünglichen Intention und wird insbesondere diejenigen Studierenden treffen, die ohnehin mit Nachteil (auf Grund sozialer Klasse oder Migrationshintergrund) ins Studium einsteigen.

Die Verbannung von Studieninteressierten von einem Studium durch Nichtbestehen der STEOP sowie die Blockade von 10 Jahren für Studierende, die innerhalb der ersten zwei Jahren keine 24 ECTS sammeln konnten, ist nicht zu rechtfertigen und nicht zu dulden, mal ganz abgesehen von der drakonisch-absurden Unverhältnismäßigkeit. Es steht gänzlich im Gegensatz zum Anspruch auf einen freien Bildungszugang und Chancen für alle, denn nicht jede*r hat die gleichen Voraussetzungen. Das wissen wir Studierende, die diese Stellungnahme schreiben, das wissen die Mitarbeiter*innen der österreichischen Universitäten und das wissen die Gesetzgeber*innen, die diese Novelle zu verantworten haben.

Das Ziel, der mit der Novelle einhergehenden Verschärfungen sind nicht die vermeintlichen Menschen, die jahrelang am Studierendenstatus klammern, wenngleich dieses Motiv unweigerlich an die Diffamierung „fauler Arbeitsloser“ erinnert. Wohl eher sind Arbeiter*innenkinder, Studierende mit Deutsch als Fremdsprache, Alleinerziehende und Menschen mit Benachteiligungen wie Depressionen, Legasthenie, Prüfungsangst, usw. die Leidtragenden. Sprich: Die absehbare Veränderung wird sein, ein Studium als Leistungsprinzip, statt Raum für Entfaltung zu etablieren. Gerade mit Blick auf die zunehmende Segregationen, Vereinzelung und schwindendes demokratisches Bewusstsein innerhalb der Gesellschaft, muss vor allem die Hochschule Inklusionen schaffen, wo Ausgrenzung herrscht.